Wappen Stadt Eupen

Wappen Stadt Eupen

König Wilhelm I. von Preußen (1797-1888) verlieh der Stadt Eupen am 21. Dezember 1864 folgendes Wappen:12

„Nämlich einen viereckigen, an den Seiten ausgeschnittenen, an den unteren Ecken und an dem ausgezogenen unteren Ende abgerundeten goldenen Schild in welchem ein gekerbtes gemeines rothes Kreuz. (Auf der Mitte des oberen Schildesrandes ruht eine mit Zinnen und drei Zinnenthürmen versehene silberne Mauerkrone. Aus dem mittleren Thurme der Krone wächst ein goldbewehrter, rothbezungter, goldgekrönter schwarzer Adler hervor)“

Wappen Stadt Eupen
Wappen Stadt Eupen

Das Grundgebiet der Altgemeinde Eupen bestand ursprünglich aus den drei Lathöfen Stockem, Sankt Marien und Frambach. Bei den beiden Erstgenannten dürfte es sich um die ältesten handeln, denn ihre Ursprünge verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Vom Lathofe Stockem, so eine Arbeitshypothese, wurde der Hof Eupen am Anfang des 14. Jahrhunderts abgesplissen. Als erster Lehnsherr von Eupen ist 1312 der Ritter Simon von Boenraedt überliefert. Er stammte aus dem gleichnamigen Weiler (jetzt Boender genannt) bei Obsinnich in der heutigen Gemeinde Voeren, nannte sich aber fortan von Eupen.

Sein Nachkomme, Johann von Eupen, war ab 1380 Marschall des Herzogtums Limburg und vererbte dieses Ehrenamt an seinen Sohn Carsillis. Die Familie von Eupen führte als Wappen ein eingekerbtes Kreuz mit einem darüber laufenden Turnierkragen. Die Familie von Boenraedt führte als Schild ein eingekerbtes Kreuz, im ersten Felde begleitet von einer Muschel. Die genannte Muschel und der Turnierkragen gelten in der Heraldik als Beizeichen, als Bruch eines bestehenden Wappens, in diesem Falle mit größter Wahrscheinlichkeit ein eingekerbtes Kreuz. Solche „Brisuren“ sind zumeist üblich bei der Unterscheidung der verschiedenen Linien eines Geschlechtes.

Zu dem Turnierkragen wäre anzumerken, dass „(…) seine eigentliche Heimath ist Belgien und die Niederlande. (…) Wenn er als Hauptbild (also nicht als Beizeichen) auftritt, bedeutet er: Gerichtsbarkeit und hier allein ist die Bezeichnung ‘Bank’ (als Gerichtsbank) entsprechend (…)“ Angesichts der Tatsache, dass alle von Eupen den Turnierkragen führen, stellt sich die Frage, ob es sich anstatt einer Brisur nicht auch um einen Hinweis auf die dem Lehnsherren eigene Befugnis, den Meier und die Schöffen des Latgerichts zu ernennen, handelt.

Carsillis von Eupen verstarb ohne männliche Nachkommen. Das limburgische Marschallsamt ging über seine Nichte, Margarethe von Pallandt, in 1451 an deren Schwiegersohn, Ritter Friedrich von Wittem, welche ursprünglich in Gold ein rotes Dornenkreuz, später in Silber von Blau, führten. Diese letztere Kombination trug ebenfalls die Familie Gemmenich, und ein Gymnich genannt Beissel siegelte gegen Ende des 14. Jahrhunderts ein eingekerbtes Kreuz mit einem darüber laufenden Turnierkragen.

Nun ist der Lathof Stockem, anscheinend mit Eupen wiedervereinigt, im 15. Jahrhundert in der Hand des Jodokus Beissel, der ihn 1514 seinem Schwager Heinrich von Ruyschenberg verkauft. Es ist hervorzuheben, dass Jodokus Beissel der Sohn des Johannes Beissel genannt von Eupen war, womit sich die Gleichheit der beiden Familienwappen erklärt.

Von den weiteren Herren von Stockem-Eupen bzw. seiner Teilgüter interessieren uns noch die von Gulpen (Mitbesitzer von Stockem in 1370, Lehnsherren von Frambach im 16. Jahrhundert). Sie trugen: in schwarz ein eingekerbtes Kreuz von Gold.

Ein Blick in das Wappenbuch der alten Provinz Limburg fördert zahlreiche Geschlechter zu Tage, die ein eingekerbtes Kreuz (auch mit Beizeichen) in ihrem Schilde führten. Mehrere von ihnen gehen auf die Ritter von Scavedriesch zurück. Ohne auf die Details eingehen zu wollen, finden wir sofort die Wittem und Gemmenich (und mit ihnen die Beissel) zurück. Weitere derartige Verbindungen bestehen beispielsweise zwischen den Familien Gillet, Raquet und Sobrémont, die zusätzlich zu dem Dornenkreuz ein Hirschgeweih in ihrem Wappen führten.

Schließlich siegelte ein „Fiskalrat Havenith“ in 1791 und 1792 auf Briefen, die er in Eupen verfasste, mit einem eingekerbten Kreuz, wobei es sich ganz offensichtlich nicht um sein Familienwappen handelte. Uns auf das Vorgesagte stützend, glauben wir berechtigt zu sein, dem königlich preußischen Heroldsamt mit knapp einhundertfünfzig Jahren Verspätung ein Lob für die treffende Wahl des Eupener Stadtwappens auszustellen. In der Tat sprechen mehrere Gründe für die Pertinenz dieser Wappenverleihung:

  • Die ersten urkundlich bekannten Herren von Eupen, die von Boenraedt genannt von Eupen, führten seit dem 14. Jahrhundert ein eingekerbtes Kreuz mit Beizeichen als Wappen.
  • In Belgien wurden nach dem Königlichen Erlass vom 06.02.1837 über die Gemeindewappen die Archive nach Siegeln und Wappen von Schöffengerichten oder wichtigen Familien, die in der betreffenden Ortschaft die Herrschaftsrechte ausübten, abgesucht. Viele Gemeinden erhielten denn auch als Wappen einer solchen Sippe. In Preußen wird wohl ähnlich verfahren worden sein und die Entscheidung des Berliner Heroldsamtes für das älteste bekannte Herrscherwappen ist demnach völlig logisch und korrekt.
  • Das eingekerbte Kreuz ist in der Folge tatsächlich noch durch andere Lehnsherren von Stockem-Eupen getragen worden, sei es wie bei den Wittem und Beissel durch Verwandtschaft, sei es vielleicht durch Zufall wie bei den Gulpen.
  • Durch den Verkauf der Herrlichkeit in 1648 ist diese Logik zwar gestört worden, doch aus einem bislang unbekannten Grund siegelte Ende des 18. Jahrhunderts ein Havenith noch (oder wieder) mit dem eingekerbten Kreuze, so als ob dieses ausdrücklich Eupen zubehörte.
  • Ohnehin war im Mittelalter das eingekerbte Kreuz im Herzogtum Limburg derart verbreitet, dass es schon als typisch gelten könnte. Die Familien der Herren von Eupen weisen Verbindungen auf zu solchen, die ein Dornenkreuz tragen. Von daher könnte Eupen genauso Anrecht auf den Gebrauch desselben erheben wie die Altgemeinde Clermont, die ihr Wappen von der gleichnamigen, eben dort ursprünglich beheimateten und ebenfalls von den Scavedriesch stammenden Familie ableitete. Die Gemeinde Clermont trug laut Königlichem Erlass vom 27. Juli 1962 „in Gold ein eingekerbtes, schwarzes Kreuz“.

Das zeitlose Eupener Stadtwappen erreicht nun also mit seinen eineinhalb Jahrhunderten ein überaus mehrfaches der Lebensdauer heutiger „Logos“, die der ständig kommenden und gehenden Mode unterworfen sind und regelmäßig kostenaufwändig neu kreiert werden wollen.

12 Frei nach MÜLLENDER, F. M. J.: „Amsel und Dornenkreuz. Ein Beitrag zum Eupener Stadtwappen“, im Selbstverlag, Eupen, 1996

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