Auf der Geschmacks-Route durch das Herver Land

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Genussfreudige Entdecker werden begeistert sein. Auf dieser herrlichen Route durch das Herver Land von Henri-Chapelle nach Visé staunt man immer wieder über ein unvergleichliches Panorama der lieblichen Hügellandschaften mit den sanften Wellen seines Reliefs bis zum Horizont. Aus den Talmulden ragen Kirchtürme hervor und auf dem Rücken der grünen Hügel versprühen verträumte Dörfer ihren Charme in die alles umgebende Natur.

An der Maas in Visé wackeln muntere Gänse durchs Gras, Spaziergänger entdecken grüne Auen und blicken erstaunt auf die Yachten im kleinen, idyllischen Hafen. In dieser Region werden fast überall lokale Produkte von bester Qualität in handwerklicher Tradition mit großer Leidenschaft hergestellt. Man trifft Käsemacher, Chocolatiers, Weinbauern, Bierbrauer und Gänsezüchter.

Sie öffnen gerne ihre Höfe, Ateliers, Terrains und guten Stuben für interessierte Gäste.
Von Eupen führt die Route durch Welkenraedt über die Straße N 67 bis auf die N 3 nach Henri-Chapelle, und dort im Ortszentrum dann rechts in die Route d’Aubel und die Rue du Mémorial Américain.

Die schönste Aussicht

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Soldatenfriedhof in Henri-Chapelle
(Foto: Rolf Minderjahn)

Diese Straße verläuft über einen Hügelrücken mit den famosesten Aussichten auf das Herver Land und Aubel. Der Anblick des 23 Hektar großen Gedenkparks des amerikanischen Soldatenfriedhofs Henri-Chapelle lässt einen nie unberührt. Er liegt auf der höchsten Stelle, gegenüber, auf der anderen Straßenseite, ist ein Aussichtspunkt eingerichtet. Ein Stück weiter nutzen bei entsprechendem Wetter viele Modellflugliebhaber den steilen Hang für ihre Kunststücke.

Die Rue du Mémorial Américain geht in die N 608 (Lobos) über an Aubel vorbei und Hagelstein. Ein paar hundert Meter hinter der Abzweigung nach Aubel lohnt sich rechter Hand ein Abstecher nach Sint-Pieters-Voeren (Beschilderung beachten). Sint-Pieters-Voeren und die anderen Dörfer der Voerstreek gehören zu belgisch Limburg, also zu Flandern. Die sogenannte Commanderie gilt als einer der charaktervollsten Burgenbauten des Grenzlandes.

Die Komturei (oder Kommanderie) Sint-Pieters-Voeren gehörte einst dem mächtigen deutschen Ritterorden. Sie wurde 1607-1625 im prachtvollen und typischen Stil der Maasländischen Renaissance erbaut.

Doch zurück auf der N 608. Sie schlängelt sich nun durch eine beschauliche Landschaft hinunter bis zur Niedermaas. Die Region ist auch durch den Krieg geprägt. Zeugnisse davon sind Forts und Bunker wie Barchon, Eben-Emael und Neufchâteau-Aubain. Immer wieder kommt man durch typische Dörfer wie Warsage mit der hübschen Kirche Saint Pierre. In Warsage wird auch Bier gebraut, in der Brasserie Warsage. Die handwerklichen Biere von Warsage entstehen nach althergebrachter Art mit dem Fourquet (einer Schaufel mit Löchern, mit der Wasser und Malz schaumig verrührt werden) über dem offenen Feuer.

Eine alte Grafschaft

Warsage gehört zur Gemeinde Dalhem, dem nächsten Ort auf der Route. Auf einem Felsen des "Oberdorfes" über dem Flüsschen Berwinne ist die Ruine des ehemaligen Schlosses Dalhem Zeugnis einer mächtigen Vergangenheit als Grafschaft.

Nebenan liegt die Pfarrkirche Saint-Pancrace mit kleinem Friedhof und ihrem bemerkenswerten Turm aus dem Jahre 1714. Ein Ensemble schöner alter Häuser, das Kopfsteinpflaster und der fast 400 Jahre alte Hohlgang Wichet de la Rose (1620) prägen das mittelalterliche Bild von Dalhem. Von hier oben hat man einen erstaunlichen Blick auf enge, steile Sträßchen vom Unter- zum Oberdorf, die den Reiz des mittelalterlichen Festungsstädtchens Dalhem ausmachen.

Dahlem hat auch kulinarische Reize. Es gibt hier einige kleine Weingüter. Darunter ist das Château Dalhem. Winzer Bart Nyssen stellt sechs Weinsorten her, die bei einer Besichtigung in Gruppen (auch in deutscher Sprache) verkostet werden können.

Auch Chocolatier Didier Smeets ist in Dalhem ansässig. Der viel beachtete Newcomer trumpft mit überraschenden Kombinationen auf. Sein Karamell mit gesalzener Butter wurde international ausgezeichnet. Sahne, Butter und Honig stammen aus der Nachbarregion Voerstreek. Leckerbissen ganz anderer Art erwarten den Besucher in Visé.

Stadt der Gänse

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Um die Gänse von Visé ranken sich Legenden
(Foto: MT Basse-Meuse)

An der Niedermaas rund um Visé, zwischen Lüttich und Maastricht, versteht man zu leben. Es ist eine Obstregion und Oupeye gilt als Hauptstadt des Früchteanbaus in der Wallonie. Obstwiesen mit wilden Kirschen und Äpfeln sowie ausgedehnte Felder prägen hier häufig das Landschaftsbild.

Die Gegend ist zudem berühmt für extrafeine Gänseprodukte. Um die Gänse von Visé ranken sich Legenden ebenso wie um den berühmten Musketier d’Artagnan, der hier ganz in der Nähe bei der Belagerung von Maastricht 1673 durch die Truppen Ludwigs XIV gefallen sein soll. D’Artagnan hat tatsächlich gelebt. Sein Name: Charles de Batz de Castelmore, Comte d’Artagnan.

Doch was haben die Gänse von Visé mit dem Musketier zu tun? In der “Ferme d’Artagnan” in der Rue de Tongres in Haccourt pflegt man die artgerechte Aufzucht der Tiere im Freiland und die Produktion schmackhafter, authentischer Terroir-Produkte, von Ente und Gans. Marc und Josette Botty-Swenen bezogen die ersten Enten für ihre Aufzucht, die berühmten „canards mulards“, aus Frankreich, aus Nogaro nahe Lupiac, dem Geburtsort d’Artagnans. Dazu kam dann dieser Bauernhof in der Nähe des Ortes, an dem d’Artagnan starb, und die Story war geboren. Das berühmteste lokale Gänsefleischgericht heißt „l’Oie à l’instar de Visé“, eine Delikatesse. Butterzartes confiertes Entenfleisch nach „Art von Visé“, dessen Rezept von einigen Köchen und alten Familien der Stadt wie der heilige Gral gehütet wird.

Schließlich blicken die Gänse in Visé auf eine geschichtsträchtige Tradition zurück. Bei der Belagerung der Stadt durch die Truppen des Fürstbischofs von Lüttich im Jahre 1376 wagte es eine unbekannte Gänsehirtin den Feinden die Fahnen abzureißen. Durch diese Tat ließen sich bei den Einwohnern von Visé ungeahnte Kräfte mobilisieren und sie schlugen die Haudegen der Lütticher Angreifer in die Flucht. Dass die Gans über Generationen auch Einzug in die Gastronomie hielt, ist eine Tradition, die von der Bruderschaft „La Délicieuse Oie du Gay Savoir en bien manger“ bewahrt wird.

Im Restaurant „L’autobus“ an der Maasbrücke in Visé gibt es diese Gänsefleischspezialitäten sowie viele regionale Gerichte zu moderaten Preisen.

Zum kulturellen Erbe der Stadt zählen auch die Arkebusiere (Hakenbüchsenschützen) und Armbrustschützen, denen Museen gewidmet sind (Informationen im Verkehrsamt). Die heutige Gilde der Arkebusiere wurde im 16. Jahrhundert geschaffen, um als Militärkompanie die Stadt und ihre Bewohner zu beschützen und zu verteidigen. Das Armbrustschützen-Corps geht sogar auf das Jahr 1310 zurück. Im Museum der ehemaligen Arkebusiere sind hauptsächlich Waffen und andere Objekte ausgestellt. Vieles ist bei der Zerstörung Visés 1914 verloren gegangen. Dieses Museum im Zentrum der Stadt befindet sich in einem der majestätischen Gebäude im maasländischen Renaissance-Stil, die den Stadtkern zieren. Im Museum der Armbrustschützen sind zahlreiche einzigartige Armbrüste als Ausstellungsstücke vorhanden.

Auch das Rathaus zählt zu den schönsten und markantesten Bauten Visés. Eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Visé ist der Hadelinusschrein in der Kirche St. Martin. Bereits im achten Jahrhundert stand hier eine Kirche Saints-Martin-et-Hadelin, 780 von Berta, Tochter Karls des Großen, gegründet. Es ist der älteste der großen romanischen Reliquienschreine im Rhein- Maas-Gebiet, ein Meisterwerk der maasländlichen Goldschmiedekunst. Man datiert ihn auf 1130 bis 1150. Er enthält die Gebeine des im siebten Jahrhundert hier predigenden heiligen Hadelinus.

Hadelinus war Gründer des Ortes Celles, einem der schönsten Dörfer der Wallonie, im Maastal bei Dinant. Hier steht auch die Kirche St. Hadelin, ein ungewöhnliches schönes Beispiel romanischer Architektur. Erst durch die Verlegung des Kollegiatsstifts von Celles nach Visé kam auch der Schrein in die Stadt an der Niedermaas, in der man auch nett einkaufen kann. In der Rue Haute, der Haupt-Einkaufsstraße, laden viele Geschäfte zum Bummel ein. Ob Dekor, Mode, Schmuck, Delikatessen, Metzgereien und Bäckereien mit hauseigenen Leckereien, sie alle haben ihren individuellen Charakter bewahrt und verströmen einen selten gewordenen Charme an warmherziger Lebensart.
 

Von: Rolf Minderjahn

Am: 14.09.2017

In: GastroNews

Foto: Rolf Minderjahn

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